Der Einstieg im Linienbus, indem wir fuhren, war vorne beim Fahrer mit einem Drehkreuz ausgestattet. Erst nach Bezahlung konnte dieses Drehkreuz passiert werden. An der nächsten Haltestelle ignorierte ein junger Mann die Bezahlung und kletterte einfach darüber. Das Beobachteten wir ein zweites mal und wunderten uns das der Busfahrer dieses offensichtliche Schwarzfahren akzeptierte.
Zu diesem Zeitpunkt verstanden wir nicht, das die Schwarzfahraktionen der Beginn eine Protestwelle war, die sich gegen eine Fahrpreisanhebung richtete. In den U- Bahnhöfen kletterten immer mehr ohne Bezahlung über die Absperrung.

Auch wenn die Fahrpreiserhöhung nur geringfügig erschien addierte sich diese für Vielfahrer im Monat. Denn es gab keine vergünstigte Monatskarte oder ähnliches. Jede Fahrt kostet ca 1 Euro pro Person. Also Hin und rück 2 Euro. Trotzdem blieb uns zunächst unklar warum deshalb eine solch starke Protestwelle mit ersten Todesopfer folgte. Nach unserer Recherche gab es bereits 1949 eine ähnliche Situation als Studierende wegen der Buspreiserhöhung in den Streik gingen.

Genau wie damals war diese Fahrpreiserhöhung jedoch nur der berühmte Tropfen, den es bedurfte um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Steigende Lebenshaltungkosten verstärkten die Unzufriedenheit gegen die Regierung.
In Santiago gerieten wir in die erste Demonstration, die in der medialen Welt noch wenig geachtet wurde. Auch wir wussten zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht wogegen der Protest sich richtete. Doch versperrte sie uns den Weg zu unserern Wohnung, die sich im weniger betuchten Stadteil befand.

Die soziale Schere zwischen den Armen und der Oberschicht klafft wie das Maul eines gähnenden Wolf weit auseinander und stach uns an allen Ecken ins Auge.
Wir fragten wie sich dieser Teil der Bevölkerung den Lebensunterhalt bestreiten kann. Wie ist es möglich ausreichend zu verdienen indem man zum Beispiel gelegendlich einen Schokriegel an den Autofahrern verkaufen, die vor roten Ampel warteten.? Auch die Verbrechensrate von Taschendiebstählen oder Autoscheiben einschlagen und Ähnliches war ein weiterer Indikator sozialer Probleme.
Es war der richtige Zeitpunkt Santiago zu verlassen, denn wenige Tage später eskalierte die Situation. Da Staatsfernseh zeigte immer die gleichen Bilder in einer wiederkehrende Schleife von den Ausschreitungen Geschäftsplünderern oder brennenden Supermärkten. Es wurde von den Strassenkämpfe der gewaltbereiten Demonstraten berichtet. Ein Brand der mutwillig in einem Supermarkt gelegt wurde forderte die ersten 5 Menschenleben. An dieser Stelle versuchten wir zu Hinterfragen warum es keine nenneswerte Erwähnung gab was genau die Demonstranten forderten. Denn die Fahrpreiserhöhung wurde bereits zurück genomme.
Der Präsidenten Sebastian Pinera signalisierte jedoch das dieses gewaltsamen Proteste grund genug seien, um den Ausnahmezustand zu erklären. Verbunden mit eine abendlichen Ausgangssperre in den grossen Städten und einen Einsatz von Militär den es seit der Pinochet Diktatur nicht mehr gegeben hatte.

Mittlerweile waren wir in einer Kleinstadt angekommen. Auch hier formierten sich Proteste gegen die jahrelange Fehlentwicklung des System. Als Reaktion wurden die grossen Supermärkte an einem Montag geschlossen und in den kleineren kam es zu Panikkäufen. Während wir früh genug in einem Lebensmittelgeschäft waren, mussten wir in einer endlosen Warteschlange mehr als 2 Stunden vor der Kasse warten. Die Einkaufswagen der Kunden waren prall gefüllt. Der Supermarkt war so voll das die Sicherheitskräfte erst neue Kunden herrein liesen, – die draussen in langer Schlange warteten – wenn Andere herraus kamen. Die Banken hatten nicht geöffnet und die Bankomaten waren als bald leer, so das keiner mehr Geld abheben konnte. Doch es blieb weitgehend friedlich. Militär, wie in der Hauptstadt, sahen wir hier nicht.

Die Fernsehbilder zeigten weiterhin Aufnahmen von Plünderer in Santiago.
Doch das unverständliche an diesen ausgesuchten Szenen war, das diese mutmaßliche Plünderer nichts geraubtes bei sich trugen. Stattdessen flüchteten sie voller Angst durch ein Spalier von Militär oder Polizei, die sie nicht etwa festnahmen, sondern mit Knüppeln auf sie einschlugen und wenn sie zu Boden vielen zusätzlich auf sie Eintraten.
Bei diesen staatlichen Gewalt wurde zumindest fraglich ob der Ausnahmezustand auch die Pressefreiheit einschränkte und nun die Berichterstattung staatlich gelenkt wurde oder ob es an unserer mangelhaften Sprachkenntnisse lag.
Auch einen Anführer der diese Massen mobilisierte wurde nicht genannt. Erst nach und nach erfuhren wir das es bei den Protesten um die schlechte soziale Lage der Armen geht. Eine Hauptforderung galt dem Rücktritt des Miliardär und Staatsoberhaupt Pinera.
Dieser sehr unbeliebten Präsident der bereits von 2010 bis 2014 regierte wurde im März 2018 zum zweiten mal an die Spitze des Landes gewählt.
Der Volkszorn und die damit verbundenen Proteste kamen nach und nach mit friedlichen Protesten selbst in den kleinsten Dörfern an. Für uns bedeutet das sich nicht all zu lange dort aufhalten und beim Einkauf blieb, als Vorsichtsmassnahme einer als Wache beim Auto.
Unsere Reservekanister durften wir nicht mehr mit Benzin befüllen. Diese Regulierung sollte weitere Brandanschläge verhindern, bei den es mehrere Tote gegeben hatte.
An dieser Stelle wollen wir noch mal Danke sagen an Elemigrante und seine Frau die sich vor ein paar Jahren in Chile niedergelassen haben und bei denen wir während der Unruhen bleiben konnten.
Moin ihr Lieben,
da sieht man doch wieder, dass einem die politische Situation in einem Land solch eine Reise ganz schön vermiesen kann! Schließlich hat man nicht in jedem Land Freunde oder Bekannte bei denen man „untertauchen“ kann!
Wie verständigt ihr euch denn in Chile? Mit Englisch wird man wohl nicht weit kommen! Spricht jemand von euch spanisch?
Ich wünsche weiterhin eine abenteuerliche Reise und passt auf euch auf!
Liebe Grüße
Ralf
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Hallo Ralf
Wir waren aber in der glücklichen Lage bei Schorsch und Cecil freundlich aufgenommen zu werden.
Unsere Kentnisse in der Landessprache sind sozusagen…… ? Also letzten habe ich bei einer Frage alle meine spanischen Wortbroken zusammengefügt und das füllte sich richtig toll an.
Doch als die Antwort kam
„Tut mir leid ich spreche kein Englisch“
War das etwas ernüchternd.
Wir arbeiten noch daran!
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